Das „Spiel der höfischen Liebe“ war
eine Art Verhaltenskonzept, welches an Europas Höfen betrieben wurde und somit
Einfluss aus die vorherrschende Etikette hatte. Einige LiteraturforscherInnen
halten das Konzept der höfischen Liebe, jener Zeit als hohe Liebe bezeichnet, für eine irreale Konstruktion, die es aber
so gar nicht gegeben hat.
Nun, so einfach ist es nicht. Mag
dieses Konzept, welches vielleicht nur der mittelalterlicher Literatur
entsprungen war, zunächst nicht existiert haben – und darüber sind sich
HistorikerInnen wie LiteraturwissenschaftlerInnen uneinig – so lässt sich
zumindest feststellen, dass es zur Zeiten der Renaissance durchaus betrieben
wurde. So mag der Ursprung durchaus bestritten werden, aber das die Literatur
sich schließlich im realen Benehmen am Hof manifestierte, ist nicht zu leugnen.
Aber fangen wir von vorne an: Was
ist höfische Liebe eigentlich? Es ist eine Art Verhaltenskonzept,
welches sich aus der Minneliteratur ergab und die Verhaltensregeln des
Hoflebens beeinflusste. Sozusagen ein spielerischer Flirt, der zum guten Ton an
den meisten Höfen Europas – selbst noch während der Renaissance – gehörte. Höfische
Liebe war gewissermaßen eine Art Spiel, was von den Höflingen gespielt wurde
und in dem um die ausgewählte Dame am Hof geworben wurde. Dies geschah mit
eigens für sie verfassten Gedichten, komponierter Musik oder mit einen ihr
gewidmeten Sieg bei einem Turnier. Dabei erwählte man die Dame nicht aus
romantischen Gefühlen oder mit dem Ziel, mit ihr körperlich intim zu werden – wobei
beides nicht ausgeschlossen war. Im Grunde genommen ging es darum, dass ein
Höfling eine Dame umwarb, die ihn meist im Rang höher oder bereits verheiratet
war und somit theoretisch unerreichbar blieb. Der Herr umgarnte seine
Auserwählte als ihr unterwürfiger Diener, und die Angebetete konnte entweder
mit schüchterner Ermutigung oder grimmiger Missachtung reagieren.
Wozu der ganze Aufwand, wenn echte
Zuneigung kein Anlass war? Auch hierrüber streiten sich die Gelehrten noch
immer. Zum einen wird sie als eine Art Disziplinierungsmaßnahme für junge
Herren gesehen, die so lernen sollen ihre Leidenschaft zu zügeln, aber auch
gleichzeitig um den Kopf des Hofes, zum Beispiel der König, zu zeigen, dass sie
treue und devote Untertanen war – schließlich diente man nur einer Herrin
gleichzeitig. Damit erhält die höfische Liebe einen erzieherischen Charakter,
bei dem die Herrin ihren meist jungen Diener zur Maßhaltung erzieht. In wie
fern das ganze schließlich die Sexualität verschleiern sollte, kann man auch
nicht mehr sagen. Es wäre allerdings vorschnell geurteilt, wenn man bei dem
Gedanken von Herrin und Diener an Emanzipation denkt. Die meisten Schriften zu
diesem Bereich waren zu tiefst misogyn und die Frauen waren mehr das Lockmittel
für einen Konkurrenzkampf junger Herren, die sich gegenseitig übertreffen wollten
um die Dame für sich zu gewinnen. Gleich, wie genau es zu deuten ist, hatte die
höfische Liebe immer etwas mit Gefahr zu tun, denn selbst wenn der Wettkampf
nicht in Turniere gimpfelte, so war es immer ein Spiel mit den Feuer, denn aus
der symbolischen Anbetung der Dame konnte eine echte werden ebenso wie
umgekehrt. Wenn besagte Dame verheiratet war, so konnte das für beide Parteien ein
unerfreuliches Ende nehmen.
Georges Duby hat hierzu ein
schematisches Modell zur höfischen Liebe als Erziehungsmodell entwickelt, dass
ganz gut die Übersicht dieses Themas beschreibt:
- Es umfasst einen Mann, meist
„Jüngling“ genannt. Der Ausdruck kann einerseits als Fachausdruck der damaligen
Zeit für einen Mann ohne rechtmäßige Ehefrau betrachtet werden, ebenso wie für ein
junger Mann, der in der Tat seine höfische Erziehung noch nicht abgeschlossen
hat. Der Jüngling bestrebt die Dame zu
erobern.
- Besagte Dame, in der Regel
verheiratet und daher unerreichbar, hatte aufgrund ihres Geschlechts generell
eine schlechtere Position innerhalb der Gesellschaft, denn sie konnte nicht an
der gesellschaftlichen Macht partizipieren wie ein Mann. Über die wenig
erfreuliche Stellung der Frau jener Zeit dürfte inzwischen jeder informiert
sein, sodass ich mir hier weitere Ausführungen spare. Die Funktion der erwählten Dame war
in diesem Zusammenhang, dass sie den Eifer des Jünglings anregen sollte, der
sich in Wettkämpfen behaupten und somit seine Leistungen steigern sollte.
So, und woher kam jetzt dieses Konzept
genau? Die genauen Ursprünge bleiben unklar und in wieweit die Dichter
ihre Inspiration aus dem realen Benehmen der Adligen herleiteten oder ob es als
„Soll-Zustand“ oder schlichtweg aus künstlerischer Gestaltung entstand, wird
wohl ein Rätsel bleiben. Zumindest speist sich dieses Konzept aus der
literarischen Tradition der Troubadoure Westeuropas des 12. und 13.
Jahrhundert. Es findet sich auch kein einheitliches Quellenbild; Manche Dichter
haben andere Schwerpunkte gewählt und beziehen sich mehr auf den Aspekt der
Waffenkunst. Es gibt durchaus Texte, indem es nicht nur bei der Anbetung der
Liebsten bleib und es war ebenso nicht zwingend erforderlich, dass es sich um
eine ranghöhere Dame handeln müsse. Es ist allerdings soweit festzuhalten, dass
die unerfüllte Liebe als höchste Form der höfischen Liebe betrachtet wurde.
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